Wonach suchen Sie?
Auf meinem Weg nach Lohrhaupten beobachte ich, wie sich die Landschaft vor meinen Augen förmlich weitet. Die Wälder wirken immer dichter und geben neben sich den Blick auf idyllische Täler und Wiesenflächen frei.
Als ich am Bergdorf Spessart ankomme, sehe ich die acht Chalets malerisch verteilt am Oberen Friedrichsberg. Sie wirken so, als seien sie aus den österreichischen Bergen direkt hier her verpflanzt worden.
Am Chalet mit dem Namen Gretel nimmt mich Erich Köhler herzlich in Empfang. Er ist der Schöpfer des Bergdorf Spessart. Die Jagd ist seine Leidenschaft und so hat er mich eingeladen, das Bergdorf Spessart und die Hirschbrunft in seinem umgebenden Revier hautnah zu erleben.
Erich zeigt mir zunächst mein Domizil für die nächsten zwei Tage. Das Chalet ist wie auch seine sieben „Geschwister“ durch den Deutschen Tourismusverband mit 5 Sternen ausgezeichnet worden. Im Erdgeschoss reihen sich zwei Schlafzimmer aneinander und gegenüber gibt es eine kleine Sauna. Auch ein Bad mit Badewanne gibt es auf dieser Ebene. Über eine Holztreppe geht es in den darüberliegenden Stock. Das ist ein großer offener Raum mit einem gemütlichen Wohnbereich, Kamin und einer voll ausgestatteten Küchenzeile. Hier gibt es ein weiteres Bad sowie eine Panorama-Terrasse vom Feinsten. Der Blick in das umgebende Spessart-Dörfchen und die Landschaft ist einfach herrlich. Auf der gegenüberliegenden Talseite umrahmen bewaldete Hügelkuppen die idyllisch in den grünen Hang eingebetteten Häuser. Ich stelle mir vor, wie behaglich es hier erst im Winter sein muss mit einem knisternden Feuer im Kaminofen…
Im Bergdorf gibt es einen Grillplatz mit Sitzgruppen zur gemeinschaftlichen Nutzung und sogar einen Yoga-Platz. Und es verfügt neben einer abschließbaren Fahrradgarage mit Ladestation auch noch über eine kleine Genussstation für seine Gäste mit allem, was das Herz begehrt.
Am späten Nachmittag macht Erich mich mit seinem Heimatort und dem Jagdrevier vertraut. Er zeigt mir, von welchem Stand aus ich die Hirschbrunft beobachten werde. Ich erfahre, dass er mit seiner Familie zusammen insgesamt drei Jagdreviere pachtet. Etwa 20 Jäger unterstützen bei der Revierbetreuung. Das beeindruckt mich sehr.
Aber was macht eigentlich die Brunftzeit der Hirsche so besonders? – Im September bis in den Oktober hinein, wenn es draußen herbstlich auffrischt, beginnt die Paarungszeit der Rothirsche – die sogenannte Brunft. Dies kündigt sich weit hörbar durch das mahnende Röhren und laute Rufen der männlichen Hirsche an. Sie suchen gezielt weibliche Tiere auf und buhlen lautstark um deren Aufmerksamkeit.
Erich weist mich darauf hin, dass es bei der Beobachtung am Brunftplatz sehr wichtig ist, das Geschehen zwischen dem Hirsch und seinem Rudel nicht zu stören. Besonders empfindlich reagieren die weiblichen Tiere. Sie bilden zusammen mit ihren jungen Kälbern ein sogenanntes Kahlwildrudel. Wenn ihnen eine Situation nicht geheuer ist oder sie Gefahr wittern, zieht sich das ganze Rudel schnell zurück und sucht sich einen neuen Platz als Einstand. Mit ihm geht dann auch der Hirsch, der sich dem Kahlwildrudel hinzugesellt hat.
Heute Abend sitze ich an der „Birkenleiter“. Das ist ein offener Jägerstand auf dem Feld neben zwei starken alten Birken. Von hier aus blicke ich auf den angrenzenden Wald und sehe links und rechts das Offenland gut ein. Der Abend bringt mir aus der Ferne jedoch nur ein Reh in Sichtweite. Dann bewegt sich ein Fuchs in meine Richtung und der fängt sogar eine Maus vor meinen Augen, was ich mit der Kamera festhalten kann. Hirsche sind nicht zu sehen – dafür kann ich sie hören.
Das Röhren der Hirsche könnte man fast mit dem lauten Muhen von Kühen verwechseln. Am stimmgewaltigsten sind alte Hirsche. Die haben auch das entsprechend imposante Erscheinungsbild mit einem starken Träger (Hals) und einer dicken Mähne daran, sowie einem ausladenden gekrönten* Geweih mit zahlreichen Enden (*die „Geweih-Krone“ sitzt am oberen Ende der Geweihstangen und zählt immer mindestens drei Enden). Je kerniger das Röhren klingt, umso attraktiver ist der Hirsch für seine Hirschkühe. Treffen mehrere gleichstarke Hirsche aufeinander, kann es zu Rangkämpfen kommen. Der Stärkste setzt sich gegen seine Rivalen durch und kann dann seine Gene an die nachfolgende Generation weitergeben.
Am nächsten Tag habe ich um die Mittagszeit wieder ein Treffen mit Erich. Dabei berichte ich ihm von meinen Beobachtungen und dem Konzert, dass ich in der Nacht zuvor miterleben durfte. Er zeigt mir Fotos seiner Wildkameras, die zeigen, welche Tiere in anderen Teilen des Reviers unterwegs waren. Wir schmieden einen neuen Plan und Erich zeigt mir einen anderen Platz für den nächsten Ansitz. Der Hochsitz ist eine geschlossene Kanzel mit verriegelbarer Tür und Fensterklappen. Da sie recht breit gebaut ist, kann ich hier windgeschützt sitzen und mich sogar auf der Sitzbank liegend ganz ausstrecken. Wir beschließen, dass ich die nächste Nacht komplett auf diesem Sitz verbringen werde. Dazu leiht mir Erich noch einen Schlafsack und ein paar Decken als Polster für die Holzbank. Ich bin voller Euphorie – aber eh es so weit ist, denke ich bei mir, werde ich noch ein wenig die Vorzüge des Chalets auskosten und die Sauna testen... das wird mir gut tun!
Die Zeit vergeht wie im Flug und ich packe geschwind meine Sachen für die Nacht. Dann fahre ich zu der besagten Kanzel. Insgeheim hoffe ich, meinen „Lebenshirsch“ bei Tageslicht vor die Kameralinse zu bekommen, damit ich später mit Erich über die Fotos fachsimpeln kann… aber das Licht schwindet und die Kamera bekommt keine vernünftigen Aufnahmen mehr hin. Eine Wärmebildkamera habe ich dabei, die aber nur zum Beobachten geeignet ist und keine Bilder oder Aufnahmen festhalten kann. Alle noch so kleinen Wärmequellen lässt die Wärmebildkamera deutlich aus dem kühleren Umfeld hervorstechen.
Nach einiger Zeit des Wartens werde ich müde und beschließe, mich gegen 23 Uhr erschöpft von der vergangenen kurzen Nacht und der frischen Luft zum Schlafen auf die Sitzbank zu legen. Bald darauf gegen halb 1 wache ich zum ersten Mal auf und höre das Röhren eines Hirsches – zunächst etwas entfernt und dann ruft es nach und nach aus allen Richtungen. Die Wärmebildkamera lässt mich in größerer Distanz einzelne Gruppierungen in Form kleiner Punkte ausmachen. Als es im nächstgelegenen Waldstück laut knackt, beobachte ich gebannt den Waldrand – und es tritt ein Rudel mit Alttieren und Kälbern heran. Es bleibt nicht weit von meiner Kanzel stehen. Ich zähle etwa 20 Tiere – jüngere Kälber und stärkere Alttiere (so nennt man die Muttertiere).
Ein röhrender Hirsch lässt sich bei diesem Rudel auch ausmachen, der erscheint jedoch der Statur und Stimme nach etwas jünger als der Rivale, der mit kehliger Stimme aus dem hinteren Waldstück ruft. Jetzt verlässt der Hirsch sein Rudel und stolziert auf den anderen außerhalb meiner Sichtweite zu. Und dann kommt noch ein dritter männlicher Hirsch, etwa gleich stark von der Statur her, wie der Jüngere, der mir aus den Augen getreten ist. Er erscheint etwas verloren am hinteren Waldrand, unschlüssig, ob er sich den beiden anderen hinzugesellen oder sich in die Nähe des Rudels bei mir wagen soll. – Es ist ein spannendes Treiben hier auf der wilden Bühne vor mir mitten in der Nacht. Ich bin begeistert und dankbar für diesen Augenblick! Doch die Müdigkeit zwingt mich wieder in die Waagerechte. So geht die Nacht langsam vorüber, während ich entspannt liegend döse und dabei dem Treiben der Hirsche lausche.
Am folgenden Morgen nach einem guten Frühstück mit Erich in seiner Jagdhütte verlasse ich das Bergdorf mit unzähligen neuen Eindrücken. Ob ich wieder herkommen werde? – Aber ja, auf jeden Fall wird es mich wieder hierherziehen! Wenn auch nicht zur Hirschbrunft, dann aber mindestens für eine erneute entspannte Wochenend-Auszeit im 5-Sterne-Chalet!
Tourismusverband Spessart Mainland e.V.
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veröffentlicht am 20.04.2022
erstellt am 04.09.2024
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veröffentlicht am 12.07.2022
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veröffentlicht am 26.06.2019