Wonach suchen Sie?

veröffentlicht am 11.11.2024

Bens Abenteuer - Frau Perchta und das Genehimnis der Raunächte im Spessart

Die Raunächte - das sind die zwölf Nächte zwischen Weihnachten und dem Dreikönigstag. Eine faszinierende Zeit, geprägt von Besinnlichkeit und Ruhe nach der Hektik der Vorweihnachtszeit und gleichzeitig voller geheimnisvoller Mythen, unheimlicher Sagengestalten und wunderlicher Bräuche. Das wilde Heer fegt tosend durch die Wälder, während in den dunklen Gassen der Städte Frau Perchta ihren Opfern auflauert. 
Du bist neugierig geworden? Dann lass Dich von uns entführen und tauche ein in den Zauber der Raunächte im Spessart. Wir nehmen Dich mit auf eine Reise in die Vergangenheit und erzählen Dir die Geschichte von Ben, einem Jungen, der die Raunächte im Spessart auf eine ganz besondere Weise erlebte. 

Das Abenteuer beginnt

In einem kleinen Dorf, inmitten der Tiefen des Spessarts, wo die alten Eichen ihre knorrigen Äste gen Himmel recken und der dichte Nebel oft einen mystischen Schleier über die Landschaft legt, spielt unsere Geschichte. Einst lebte hier ein kleiner Junge namens Ben.  
Ben war ein zurückhaltender, schüchterner Junge der lieber zuhörte, als dass er sprach. Er war ein Beobachter, der die Welt um sich herum mit einer Neugierde betrachtete, die selten zu sehen war. Seine Welt war reich an Gedanken und Fantasie und er hatte seit jeher eine Faszination für das mystische und Übernatürliche verspürt.  
Aus diesem Grund blickte er voller Freude und Erwartung auf die bevorstehende Zeit der Raunächte.

Die Raunächte brechen an  

Nun war es endlich so weit – jene geheimnisvollen und magischen Nächte, um die sich so viele Sagen und Geschichten rankten, waren angebrochen. Es hieß, dass in dieser Zeit die Grenzen zwischen der Welt der Lebenden und der Welt der Geister verschwammen. Die Bewohner des Dorfes erzählten von seltsamen Erscheinungen und unheimlichen Geräuschen, die in diesen Nächten durch den Wald hallten. Man solle bloß vorsichtig sein, denn die Geister der Verstorbenen und die unruhigen Seelen aus der Anderswelt suchten ihren Weg in die Menschenwelt. 
Im ganzen Dorf wurden Häuser und Ställe geräuchert, um sie zu reinigen und Hexen und Dämonen zu vertreiben und einige Bewohner legten Karten, um so einen Blick in die Zukunft zu erhaschen. 

Die Sagen von Frau Perchta

Besonders hingerissen war Ben von den Geschichten über Frau Perchta, die während dieser Zeit allgegenwärtig waren. Diese geheimnisumwobene Gestalt faszinierte und ängstigte ihn gleichermaßen. Es hieß, sie entstamme einer Dämonenschar, dem Wilden Heer, das in den Raunächten umherzog, um die Bösen zu strafen und die Guten zu belohnen.  
Bens Eltern achteten mit großer Sorgfalt darauf, ein drohendes Unheil für das kommende Jahr abzuwenden und hielten sich daher streng an die Regeln, die jedem im Dorf bekannt waren: In der Zeit der Raunächte durfte keine Wäsche aufgehängt werden, damit sich die Geister und Dämonen der Wilden Jagd nicht darin verfingen, denn das würde sie ins Haus holen. Es hieß außerdem, dass man frühmorgens nicht pfeifen solle, da dies Unglück heraufbeschwöre. Dem lauten Zuschlagen von Türen wurde eine Verbindung zu Gewittern nachgesagt, und wer sich in den Raunächten die Haare oder Nägel schnitt, setze sich im kommenden Jahr einem erhöhten Risiko für Gicht oder Kopfschmerzen aus. 

Es durften nur bestimmte Mahlzeiten gegessen werden – besonders Klöße und Fisch, kleine Küchlein und Bier – und davon wurde auch immer ein Teil an Frau Perchta und ihr Gefolge geopfert, um sie milde zu stimmen. 

Ein Flüstern im Dunkeln  

Wie jedes Jahr war es auch diesmal Bens Aufgabe, die Speisen, die geopfert werden sollten, auf das Dach des Hausens zu bringen, da Frau Perchta und ihr Gefolge nachts durch den Himmel zogen. Die Dämmerung nahte bereits und es wehte ein eisiger Wind, der ihm die Haare ins Gesicht wehte und ihn fast das Gleichgewicht verlieren ließ. Doch er fing sich im letzten Moment, kletterte geschickt wieder vom Dach und eilte zurück ins Haus. 
Auf der Türschwelle drehte er sich noch einmal um. War da nicht ein Flüstern gewesen? Oder war es doch nur der Wind? Und huschte dort hinten am Waldrand nicht ein Schatten zwischen den Bäumen entlang? Oder spielten ihm seine Augen in der nahenden Dunkelheit nur einen Streich? 
Ben erinnerte sich nur zu gut an die Worte seiner Mutter, die ihm so oft erklärt hatte: „Bleib drinnen nach Einbruch der Dunkelheit, wenn du nicht das Unglück beschwören willst.“ Doch an diesem Abend war Bens Neugier größer als die Angst und er fasste einen folgenschweren Entschluss. 

Der Weg in die Dunkelheit

Es war die Nacht vom 28. auf den 29. Dezember, als Ben, trotz der eindringlichen Warnungen seiner Mutter, seinen kleinen Rucksack schulterte und über die Schwelle seines kleinen Hauses trat.  "Ich muss wissen, ob es wirklich wahr ist, was man sich erzählt", murmelte er leise zu sich selbst, als er die wohlige Wärme des Hauses hinter sich ließ und in die dunkle Winternacht im Spessart hinaustrat. Den dicken Schal fest um den Hals geschlungen und die Mütze tief ins Gesicht gezogen, machte er sich auf den Weg in den Wald. Die Luft war klar und kalt und der Wald war in eine gespenstische Stille gehüllt, die nur durch das Geräusch seiner eigenen Schritte unterbrochen wurde.  

Bens Herz schlug schnell, nicht vor Angst, sondern vor Aufregung. Er hatte schon oft von den Schatten gehört, die zwischen den Bäumen lebten, und von den Geistern, die in dieser heiligen Zeit umherwanderten. 

Die Lichtung im Wald

Mit jedem Schritt, den Ben tat, schien der dichte Spessartwald ihn mehr und mehr zu umhüllen. Die Schatten der moosbewachsenen Baumriesen wurden länger und schienen nach ihm zu greifen. Der Nebel hing so dicht zwischen den Bäumen, dass nicht einmal das schwache Licht des Mondes die Nacht erhellen konnte. Die Kälte kroch ihm unter die Kleidung, und ein unbehagliches Gefühl überkam ihn. Doch seine Neugier trieb ihn weiter.  

Plötzlich durchbrach ein leises, melodisches Lachen die Stille und Ben hörte ein Flüstern, das wie der Wind zwischen den Ästen tanzte: „Komm zu mir, Ben…“. Ben erstarrte. War es ein Geist? Hatte er das Unheil heraufbeschworen, indem er den verbotenen Ort aufsuchte? Magisch angezogen von der geheimnisvollen Stimme schlich er mit wild klopfendem Herzen weiter, immer tiefer in den Wald hinein. Nach einer Weile erreichte er eine kleine Lichtung.  Dort sah er sie – eine Gestalt von unerklärlicher Schönheit und zugleich voller bedrohlicher Macht. Frau Perchta. 

Die Begegnung mit Frau Perchta

Sie stand mitten auf der Lichtung, umgeben von einem sanften Schimmer, der die harten Schatten des Waldes zu vertreiben schien. Ihr langes, silbernes Haar fiel elegant über ihre Schultern. Ihre Augen leuchteten sanft und schienen ihn auf eine Weise zu betrachten, die ihn sowohl fürchtete als auch beruhigte. 
Ben spürte, wie ihm das Herz bis zum Hals schlug. Er hatte so viele Geschichten über sie gehört, Geschichten von Lebenden und Toten, von Belohnung und Strafe. Doch da war auch etwas Vertrautes in ihrem Blick. Sie lächelte sanft, während sie ihn musterte. „Kleiner Junge, was führt dich in die Dunkelheit?“ 

Voller Ehrfurcht betrachtete Ben das mächtige Wesen vor ihm. Sein Mut schien ihn, mit jeder Sekunde, die verstrich, zu verlassen. Doch dann räusperte er sich leise und gestand mit zitternder Stimme: „Ich wollte die Magie der Raunächte erleben. Und wissen, ob die Geschichten wahr sind, die man sich im Dorf erzählt.“  
Frau Perchta sah ihn mit eindringlichem Blick an und nickte dann verstehend. „Die Raunächte sind eine Zeit des Wandels. Die Grenze zwischen den Welten ist dünn, und viele suchen die Antworten, die sie in ihrem Leben vermissen.  

Geschichten sind oft mehr als nur Worte, Ben. Sie sind Erinnerungen aus einer Zeit, als die Menschen noch an die Magie und die Geister glaubten, die sie umgaben. Die Raunächte sind eine magische Zeit, in der alles möglich ist. Aber was du daraus machst, liegt allein bei dir.“ 

Der Spiegel der Wahrheit

Ben erinnerte sich an die Geschichten, die man sich im Dorf erzählte, und seine Kehle wurde trocken. „Aber… die Menschen sagen, du bist grausam und tust den Menschen Böses!“ Frau Perchta sah ihn lange an. Ihre Augen schienen tiefer zu blicken, als es möglich sein sollte – als könnte sie all seine Gedanken und Taten lesen. Die Stille war erdrückend. „Die Menschen erzählen vieles, was sie nicht verstehen“, sagte sie schließlich, ihre Stimme so kalt wie der Wind. „Ich bin nicht nur gut oder böse, ich bin der Spiegel dessen, was in euch ruht.“ Ihr Blick wurde schärfer, prüfend. „Du bist gütig und rein im Herzen, Ben. Doch du hast den Rat deiner Mutter missachtet und bist in die Dunkelheit gegangen, wo du nicht hingehörst.“ 

Bens Herz begann schneller zu schlagen. Er öffnete hastig seinen Rucksack und zog die Küchlein heraus. „Ich… ich habe Opfer für dich mitgebracht! Bitte… ich wollte nichts Böses tun.“ Ein kaum merkliches Lächeln kräuselte Frau Perchtas Lippen. „Opfer?“, wiederholte sie leise. „Die Menschen glauben, sie könnten mich besänftigen. Doch ich sehe mehr. Ich sehe dich, Ben.“ Ihre Stimme senkte sich zu einem Flüstern: „Die Raunächte sind eine Zeit der Wahrheit. Sie zeigen, wer du wirklich bist. Und was du mir zeigst… darüber werde ich entscheiden.“ 

Mut und Respekt

Ben spürte, wie die Luft um ihn herum schwerer wurde, als ob der Nebel selbst nach ihm griff. „Was soll ich tun?“, flüsterte er, seine Stimme kaum hörbar. Frau Perchta betrachtete ihn mit einem Ausdruck, der ebenso streng wie nachdenklich war. „Die Raunächte sind eine Zeit des Wandels. Eine Zeit, um das zu erkennen, was war, und das zu sehen, was noch kommen mag. Sie lehren uns Mut – doch auch Respekt.“ 

Ihre Worte ließen ihn frösteln, doch er verstand, dass sie keine Drohung waren. „Mutig zu sein bedeutet nicht, die Dunkelheit zu suchen, sondern ihr mit offenem Herzen zu begegnen“, fuhr sie fort. „Lass deine Angst los, Ben, und höre auf das, was dir diese Nächte zeigen wollen.“ In diesem Moment schien die Kälte von ihm abzufallen. Ein seltsames Verständnis erfüllte ihn, als ob sich etwas in seinem Inneren öffnete. Vielleicht, dachte er, waren die Geschichten der Alten nicht nur Sagen. Vielleicht waren sie Botschaften – ein Teil von etwas Größerem. 

„Du hast ein gutes Herz, kleiner Mensch“, sagte Frau Perchta leise. „Doch dies ist erst der Anfang deiner Reise. Die Wilde Jagd wird heute Nacht kommen. Du wirst ihr Geschrei hören, doch fürchte dich nicht – sie ziehen, um die Toten zu ehren und das Gleichgewicht der Dinge zu bewahren.“ 

Das Silberstück

Frau Perchta hob eine knorrige, aber kraftvolle Hand, und Ben sah etwas Silbernes darin aufblitzen. „Nimm dies“, sagte sie, ihre Stimme fest und ruhig. 

Ein kleines Silberstück glitt aus ihrer Handfläche in Bens zitternde Finger. Es war kalt und schwer, und sein Glanz schien das Mondlicht einzufangen. „Es ist ein Zeichen, Ben“, sagte sie. „Ein Erinnerung daran, dass Mut und Respekt im Gleichgewicht stehen müssen. Trage es bei dir, und es wird dich begleiten, solange dein Herz rein bleibt.“ 

Ben betrachtete das Silberstück ehrfürchtig, während die Dunkelheit um sie herum zu atmen schien. Die Gestalt von Frau Perchta begann zu verblassen, als ob der Nebel sie wieder in sich aufnahm. „Vergiss nicht“, rief sie mit letzter Kraft, während ihr Bild in den Schatten verschwand. „Das Licht ist stärker als die Dunkelheit, wenn du bereit bist, es zu sehen. Nutze die Lehren der Raunächte weise.“ 

Ein Windstoß fegte durch die Lichtung, und Ben spürte, wie die Welt um ihn plötzlich still wurde. Die Kälte war geblieben, doch etwas in ihm fühlte sich wärmer an – fester. 

 Die Magie der Raunächte lebt

Ehe Ben reagieren konnte, war sie verschwunden, als hätte der Wald sie verschluckt. Der Nebel zog sich langsam zurück, und die Lichtung lag verlassen und still da. Ben starrte auf das Silberstück in seiner Hand. Es schimmerte sanft, als würde es in seiner Tiefe noch ein Geheimnis bergen. Mit klopfendem Herzen machte er sich auf den Rückweg. Der Wald, der eben noch voller Schatten und Schrecken gewesen war, erschien ihm nun vertraut – fast friedlich. Das Flüstern der Zweige begleitete ihn wie ein uraltes Lied. 

Zu Hause angekommen, fand er seine Mutter schlafend auf dem Stuhl vor dem Kamin; aus Sorge um ihren kleinen Träumer war sie die ganze Nacht wach gewesen und hatte auf ihn gewartet. Die Flammen warfen flackernde Schatten an die Wände, und der Raum war erfüllt von warmer Stille. Leise setzte er sich neben sie, das Silberstück sicher in seiner Tasche. 

In den nächsten Tagen sprach Ben nicht von seinem Erlebnis. Doch er betrachtete die Welt mit neuen Augen. Die Geschichten der Alten waren nicht mehr nur Märchen – sie waren Wahrheiten, die in den stillen Stunden der Raunächte lebendig wurden. 

Von diesem Tag an trug Ben das Silberstück immer bei sich. Ein stiller Talisman, der ihn an die Nacht erinnerte, in der er das Gleichgewicht von Licht und Dunkelheit erkannte. Und selbst viele Jahre später, wenn der Winter kam und der Wind durch die Bäume des Spessarts flüsterte, konnte er die Magie der Raunächte noch immer spüren. 

 

 

  

Spessart Tourismus und Marketing GmbH

Contact person

Holzgasse 1, 63571 Gelnhausen

+ 49 6051 887720

+ 49 6051 8877210

info@spessart-tourismus.de

https://www.spessart-tourismus.de

diese Seite teilen

Das könnte Dir auch gefallen

"Das könnte Dir auch gefallen" überspringen
Auf der Jagd

veröffentlicht am 30.08.2019

Blog Posting

Barfuß ins Kinderglück

veröffentlicht am 08.08.2019

Blog Posting

Zu "Das könnte Dir auch gefallen" zurückspringen

IMMER NOCH AUF DER SUCHE?

Entdecke mehr

koffer_mit_mkk_umriss Icon

Infos zur Urlaubsplanung

wanderschuh Icon

Entschleuningende Rundwanderungen

picknickkorb Icon

Regionale Kulinarik

mtb_mit_baum Icon

Im Flow mit der Natur